Kalenderblätter für das Jahr 2011
Kalender 2011 – Januar
Dorfstrasse in Langwaden
In der Mitte des 12. Jahrhunderts stifteten die Herren von Wevelinghoven auf ihrem Hof zu Langwaden ein Kloster. Dieses wuchs im Laufe der Zeit, so dass zur Zeit Napoleons fast die gesamte Dorfflur dem Kloster gehörte. Das Dorf, das ursprünglich Busch hieß und beim gleichnamigen Haus Busch lag, musste wegen Repressalien der Ritter Hund zu Busch im 14. Jahrhundert an das Kloster verlegt werden, wo die Bewohner im Tagelohn arbeiteten.
So entstand entlang des Bruchrandes ein Straßendorf mit kleinen Landarbeiterhäusern. Da nach der Säkularisierung des Klosters 1802 die Grafen von Nesselrode das gesamte Kloster mit Ländereien kauften, hatten die kleinen Leute nicht die Möglichkeit, wie in anderen Orten unserer Heimat sich ein eigenes Stück Acker zu erwerben. Daher galt lange Zeit Langwaden als eines der ärmeren Dörfer unserer Heimat. Erst durch die Mobilität und Industrialisierung, vor allem in Wevelinghoven und Grevenbroich änderte sich das. So gehören die Häuser, die genutzt wurden (von vorne nach hinten) von der Familie Häufler, der Ziegenbockstation, den Familien Hösen und Bender-Mähler, die hier im Bild aus der Zeit um 1930 zu sehen sind, heute längst der Vergangenheit an und wurden durch moderne Bebauung ersetzt.
Kalender 2011 – Februar
Busse der Kraftpost-Überlandlinien in Neuss am Busbahnhof
Das Foto wurde in den fünfziger Jahren aufgenommen.
Als nach dem Zweiten Weltkrieg in Neuss die Industriefirmen ihre Produktionsleistung wieder hochfuhren, entstand rund um den Hafen ein enormer Bedarf an Arbeitskräften. Bis zu 10.000 Menschen bekamen Anfang der 1950er Jahre alleine bei den Ölmühlen Walter Rau, Thywissen und Werhahn sowie bei Ideal Standard und International Harvester Co. wieder Lohn und Arbeit. Da der größte Teil der Landarbeitskräfte in ihren Heimatorten aber keinen direkten Eisenbahnanschluss besaß, wurde bereits 1929 auch für Neukirchen die „Überland – Kraftpostlinie“ ins Leben gerufen. Besitzer von PKWs und Motorräder bildeten noch eine Minderheit. Man fuhr an allen Tagen, rund um die Uhr, zur Arbeit, zum Arzt oder für besondere Besorgungen mit dem Bus! Hatte man diesen versäumt, musste man halt auf den „nächsten“ warten. Um dem erschöpften Heimreisewilligen die Wartezeiten kurzweiliger zu gestalten, siedelte sich die Gastronomie ‚im großen Stil‘ rund um den Busbahnhof an. Noch bis weit in die siebziger Jahre besaß Neuss hier die größte Gaststättendichte. Da zu dieser Zeit der Lohn am Monatsende noch bar ausgezahlt wurde – Scheckkarten gab es noch nicht – fuhr man am Zahltag auch schon einmal „unfreiwillig“ einen Bus später. Viele Ehefrauen holten an diesen Tagen ihre Männer von der Arbeit ab, um Verluste zu vermeiden. Um 23 Uhr fuhren die letzten Überlandbusse –dann auch immer mit Anhänger bestückt- in die jeweiligen Ortschaften. Von Neuss nach Neukirchen fuhr die Linie 9, im Bild der dritte Bussteig von rechts.
Kalender 2011 – März
Neubaugebiet Ramrather Straße
Mit dem Zusammenbruch des Reiches 1945 setzte in den Ostgebieten eine systematische Vertreibung ein. Die Betroffenen wurden halbwegs gleichmäßig auf die übrigen Gebiete verteilt. So kamen auch viele „Neubürger“ nach Neukirchen. Zunächst wurden die Familien privat einquartiert. Auf Dauer musste aber neuer Wohnraum her. Um eine Selbstversorgung mit dem Nötigsten zu gewährleisten, sollten die Baugrundstücke, wenn die durch das Land gefördert werden sollten, einen Morgen groß sein. Da zunächst kein Bauer bereit war, dafür sein gutes Ackerland abzugeben, dauerte es in Neukirchen eine lange Zeit, bis um 1952 begonnen werden konnte, eine erste Siedlung an der Ramrather Straße anzulegen. Um weiter Baukosten zu reduzieren, wurden Genossenschaften gegründet. So residiert in Grevenbroich der Siedlerbund, dem eine Ortsgruppe in Neukirchen angehört. In gemeinschaftlicher Maloche wurden so die neuen Eigenheime hochgezogen und auf der Basis gelebter Nachbarschaftshilfe fertig gestellt. Einen derartigen Bauboom hatte es in Neukirchen seit dem Mittelalter nicht mehr gegeben.
Kalender 2011 – April
Kommuniongruppe im Jahr 1936
Kurz vor dem ersten Weltkrieg setzte die katholische Kirche das Alter für die Kommunionkinder von 14 auf 10 Jahre herab, so dass Kommunion und Schulentlassung nicht mehr zusammenfielen. Auf diesem Bild soll es sich um eine Gruppe von Kommunionkindern handeln, vermutlich der Geburtsjahrgang 1926. Die vier Personen im Hintergrund sind links Hauptlehrer Heinrich Reiff, der von Ende 1928 bis Sommer 1936 in Neukirchen war, der Pastor Paul Scholl, der im Sommer 1930 nach Neukirchen kam, der Kaplan Franzjosef Habitz, der von April 1935 bis Mai 1938 in Neukirchen tätig war als erster Kaplan nach über 60 Jahren, sowie die Lehrerin Henriette Loy, die von 1921 an 32 Jahre lang in Neukirchen unterrichtete.
Kalender 2011 – Mai
Schützenkönig 1932
Im Jahre 1932 errang Johann Adolphs, hier zu sehen mit Königskette, die Würde des Neukircher Schützenkönigs. Leider sind die meisten Personen des Hofstaates auf diesem Foto aus dem Saale Wirtznicht mehr bekannt. Rechts neben dem König sitzt Magdalene Kreuels und mit Orden geschmückt der Schützenpräsident Ludwig Kreuels sen. Dahinter in Uniform steht Hermann Kreuels neben H. Düllberg und Heinrich Kreuels. Dahinter in der zweiten Reihe zwischen den beiden sieht man Adolph Poeschgen. Links in Uniform stehen Hermann Hintzen und Johann Berg. Im Salle Wirtz fand nicht nur der Ehrenabend statt, sondern hier probte auch der Quartettverein, wie an der Spruchtafel des Sängerbundes erkennbar ist.
Kalender 2011 – Juni
Die Herren haben Schwein
Eine längst vergessene Zeit, als die Landwirtschaft das Leben und den Alltag im Dorf dominierte! Dieses Bild entstand zwischen 1935 und 1940 auf dem Hof von Jean Neukirchen, genannt Schmed Dorese Schang. Dieser Name bedeutet in etwa: des Schmiedes Theodor sein Johann. Auch das eine Sprache, die heute wohl kein Kind mehr lernt. Mit Ferkeln präsentieren sich hier kurz vor dem Zweiten Weltkrieg von links nach rechts der Schützenkönig von 1932, Johann Adolphs, Wilhelm Neukirchen, der Gemeinderendant Martin Domgans und strahlend der bereits erwähnte Doreses Schang.
Kalender 2011 – Juli
Ansicht der Gastsstätte Wirtz vor 1937
Nachdem Christian Wirtz die Brauerei mit Schenke von Flock übernommen hatte, konzentrierte sich die Aktivität vor allem auf die Gastronomie. Hier gab es bereits vor 1900 das erste Telefon des Dorfes und seit 1904 eine Postagentur. Um auch die Gasträume moderner zu gestalten, wurde um 1937 das hier abgebildete Gebäude niedergelegt um die heute inzwischen auch schon zur Geschichte gewordene Gaststätte „Zum alten Brauhaus“ zu errichten. Wer auf diesem Bild mit der Benzinkutsche vorgefahren ist, entzieht sich den Kenntnissen. Jedoch hatte als einer der ersten in der Umgebung der Arzt von Wevelinghoven ein Kraftfahrzeug, das in einer Legende von 1914 eine Rolle spielt, weil in diesem Vehikel die französische Kriegskasse angeblich durch unser Dorf transportiert werden sollte.
Kalender 2011 – August
Tinni Schannen verkauft Eis auf der Broichstr. in Hülchrath
Im Hintergrund sieht man das Pfarrhaus.
Große, strahlende Kinderaugen! Wenn in Hülchrath „Tinni“ Schannen mit ihrer Handkarre die Runde drehte, um ein Hörnchen mit einem Kügelchen Eis zu verkaufen, konnte kein Kinderherz mehr ruhig schlagen. Moderne rollende Eisdielen mit Discoanlage und einem Sortiment von über 30 Eissorten üben merkwürdigerweise weniger Begeisterung aus, als es dieser gemütliche Karren mit seinen maximal zwei Sorten tat. Unverkennbar die autofreie Broichstraße mit dem dominanten Pfarrhaus im Hintergrund.
Kalender 2011 – September
Weisskohlernte mit dem Pferdewagen
Durch die Errichtung von Fabriken zur Nahrungsmittelverarbeitung, sei es in Neukirchen die Sauerkrautfabrik, oder die Konservenfabrik, sei es in Wevelinghoven die Zuckerfabrik oder die Fabriken in Kapellen, Holzheim usw., wandelte sich die traditionelle rheinische Sieben-Felder-Wirtschaft, da nun auch Gemüse und Zuckerrüben in die Fruchtfolge einbezogen wurden. Auf diesem Bild sehen wir den Bauern Gustav Effertz im Jahre 1935 mit zwei Helfern und den Pferden Olga und Minka Kappes einfahren. Ob der mit dem Rücken im Bild stehende Polizist Düllberg eine Verkehrskontrolle durchführen wollte, ist unbekannt.
Kalender 2011 – Oktober
Neubauviertel (im Sommer 1976)
Wie die Zeit vergeht! So werden wohl die Meisten nun denken, denn das Bild ist noch keine 35 Jahre alt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es vor allem durch die Ansiedlung von Ostdeutschen zu einem Bevölkerungszuwachs, der die Maßstäbe vergangener Zeiten weit sprengte und es wurden durch den Siedlerverbund verschiedene Straßenzüge an das Dorf Neukirchen angehängt. Diese lagen nicht dort, wo es eine planmäßige Ortsentwicklung sinnvoll erscheinen ließ, die es nämlich gar nicht gab, sondern dort, wo man Bauland in geeigneter Größe finden konnte. Nach den Straßen „Ramrather Straße“, „Flurweg“ und „Gartenstraße“ (heute „In den Gärten“) konnten gegenüber dem Friedhof (oben im Bild) einige Straßen verwirklicht werden, deren Fertigstellung man hier 1976 bereits sehen kann. An diese Zeit erinnern noch die Straßennamen „Braunsberger Straße, Wolliner Straße oder Marienwerder Straße, während die Danziger Straße bereits 1975 ihren ebenfalls ostdeutschen Namen Posener Straße bekam.
Aber 25 Jahre nach dem Krieg änderten sich die Verhältnisse. Nicht mehr Vertriebene waren mit Wohnraum zu versorgen, sondern Städter wollten aus der Enge der Großstadt in das grüne Umland. Der eigene Pkw war Garant, die Arbeitsplätze in der Stadt, insbesondere Düsseldorf, aber auch Neuss, Krefeld und Köln, bequem zu erreichen. Entsprechend wuchs das Dorf weiter. Vorne sehen wir, vom Bahndamm auf die Straße Unterdorf blickend, die Siedlung „Am Bahndamm“. Hier werden nun Straßennamen bevorzugt, die den grünen Charakter des Dorfes unterstreichen sollen: „An den Pappeln“, „Kastanienweg“ oder „Ulmenstraße“.
Deutlich erkennt man den Wandel in der Siedlungsstruktur der einzelnen Abschnitte. Die Posener Straße (rechts am Bildrand) ist noch durch frei stehende Häuser mit großen (Gemüse-) Gärten geprägt. Rund um die Wolliner- und Marienwerder Straße (links oben am Bildrand) finden sich nun dicht gedrängte Reihenhäuser, bei denen nur noch Gärten zur Freizeitgestaltung sowie kleine Vorgärten anzutreffen sind. Dafür entsteht ein zentraler Garagenhof. (oben in der Mitte). Das moderne Viertel „Am Bahndamm“ hat ebenfalls den zentralen Garagenhof (Bildmitte), während die Häuser dem damals besonders populären Bautyp „Winkelbungalow“ mit Atrium folgen, wo kaum noch größere Gartenflächen anzutreffen sind, so dass der traditionelle Gemüse- und Obstanbau, der das ganze alte Dorf prägte (linke obere Ecke, außerhalb des Ausschnitts), nicht mehr möglich ist.
Die kleinen Wiesen um diese Siedlung sollten als „lockere Grünzüge“ das Wohngebiet parkähnlich einfassen. Gut 25 Jahre später sind sie in den Fokus der Stadt geraten, um hier „Vermögensoptimierung“ zu ermöglichen, wie die Umwandlung von Grünflächen in verdichtetes Bauland genannt wird.
Kalender 2011 – November
Gaststätte Schmitz in Speck
Dieses Foto der Gastwirtschaft Schmitz, später Hilgers in Speck war 1912 auf einer Postkarte zu finden. Es prägt noch heute den Dorfplatz von Speck.
Im Kreisarchiv findet man im Adressbuch für den Kreis Grevenbroich von 1899 unter Bürgermeisterei Hülchrath den Ackerer Jacob Schmitz unter 97 Specker Bürgern. Er betrieb in Hausnummer 5a auch eine Gastwirtschaft und Specereihandel. Fortschrittliche Verkehrsmittel, nämlich Fahrräder, sind erste Boten einer größer werdenden Mobilität, die sich auch durch den Bau der Straße von Neuss nach Bergheim durch Speck um das Jahr 1845 ankündigte.
Kalender 2011 – Dezember
Das Sportzentrum kurz nach der Errichtung
Schweren Herzens hatten sich 1972 der traditionsreiche FC Hülchrath mit der dynamischen SG Neukirchen zur SG Neukirchen-Hülchrath zusammengeschlossen. Tatsächlich gab es ein paar Visionäre, die für die Gemeinde Neukirchen ein Sportzentrum wünschten, das verschiedenen Sportarten neben Fußball Heimat bieten konnte. Daher wurde der Fußballplatz an der Sportstraße aufgegeben, um dem Festplatz der Schützen zu weichen, und etwas außerhalb des Dorfes an der Viehstraße das Sportzentrum errichtet. Hier erkennen wir das Vereinsheim mit der Schwimmhalle, davor der Hauptplatz mit den Leichtathletikanlagen sowie die ersten Tennisplätze. Die Vielzahl von Abteilungen hat die SG, wie sie kurz genannt wird, heute zu einem der größten Vereine der Stadt Grevenbroich werden lassen. Und bedeutende Erfolge konnten hier auch gefeiert werden. Der FC Anhängerclub holte alte 1.-FC-Köln-Profis nach Neukirchen, und auf der Aschebahn wurde über 5.000 Meter ein deutscher und ein holländischer Rekord aufgestellt. Schließlich stellten die Bogenschützen 2007 mit Rachel Bosshammer einen Vizeweltmeister der Senioren und die Leichtathleten im gleichen Jahr mit Bernd Juckel sogar einen Weltmeister der Senioren. Der fleißige Sportskamerad musste dafür allerdings lange arbeiten: für die 100 Kilometer musste er etwa 7 ¾ Stunden laufen. Meisterlich sind aber auch die präventiven Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, die durch die Turnabteilung Hunderten von Neukirchern jährlich zu Gute kommen.