Kalenderblätter für das Jahr 2010
Kalender 2010 – Januar
Schmiede Spicks und Landhandel Offer an der Hülchrather Straße
Auf dem Luftbild, das kurz nach dem zweiten Weltkrieg entstand, sehen wir links die Schmiede von Spicks. Zu den notwendigen Berufen auf den Dörfern gehörte seit Alters der Dorfschmied. Im 19. Jahrhundert wuchs nicht nur das Dorf, sondern der Bedarf an Eisenwaren stieg ständig, so dass sich hier, an der Ecke vom Jakobusplatz zur Hülchrather Straße, eine zweite Dorfschmiede ansiedeln konnte. Der markante Schornstein, der den Arbeitsplatz des Schmiedes anzeigt, ist auf vielen alten Bildern des Dorfplatzes zu sehen. Unmittelbar daneben befindet sich das Anwesen der Familie Offer. Dort, wo üblicherweise die Scheune steht, erkennen wir bereits ein Gebäude, das dem Typus eines gewerblichen Bauwerkes entspricht, wie er sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt hat. Das Vordach, die Verladerampe wie auch die Fenstergestaltung zeigen an, dass der sich entwickelnde Landhandel eine solide Grundlage bot, neben der ursprünglichen Ernährungsquelle „Landwirtschaft“ ein zweites Standbein aufzubauen und die notwendigen baulichen Voraussetzungen zu schaffen. In diesem Hinterhofgebäude wurde auch die einzige bisher in Neukirchen betriebene Mühle eingerichtet. Das Wohnhaus im Vordergrund, ein verputzter Fachwerkbau, ist inzwischen einem moderneren Gebäude gewichen und beherbergt im Erdgeschoss heute die Pizzeria. Allein das Betriebsgebäude des Landhandels, der aus Platzgründen an die Gubisrather Straße verlegt wurde, erinnert noch an die alte Zeit.
Kalender 2010 – Februar
Bunker in Hülchrath ca. 1935
Schon kurz nach dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges kommen regelmäßig alliierte Flugzeuge mit ihrer todbringenden Fracht über unsere Gemeinde, die in der Haupteinflugschneise liegt. Allmählich werden immer häufiger zivile Ziele angegriffen, und auch ganze Dörfer ins Visier genommen. In der Folge werden, vor allem im Jahr 1942, Keller zu Schutzräumen ausgebaut und kleinere Bunker am Rande der Dörfer errichtet. Hier sehen wir, wie 1942 für die Errichtung eines solchen Luftschutzbunkers im äußeren Wall des Schlosses Hülchrath eine Brücke über den Weiher geschüttet wurde und mit dem Lieblingsgerät der NS-Ideologen, dem Spaten, der Aushub begonnen wurde. Ganz links sehen wir Josef Schlangen und Josef Schnitzler.
Kalender 2010 – März
Blick auf den Regingenhof in Gubisrath (1927)
Auf diesem Foto von 1927 haben „für den Fotografen“ Aufstellung genommen: Gustav Effertz aus Gubisrath, eingerahmt von den Kindern Anneliese (damals 5 Jahre alt) und Gustav (3 Jahre), begleitet von seiner Familie und den wichtigsten Helfern. Ein Hof, der vier Pferde zum Einsatz bereit hatte, galt damals als gut situiert. Im Vordergrund das obligatorische „Federvieh“, das neben den Hühnern, die hier unbekümmert auf der Suche nach Verwertbarem sind, meist auch noch die eine oder andere Gans umfasste. Im Hintergrund der besondere Stolz des Landwirtes: eine Dreschmaschine.
Der Hof, der heute Reginenhof genannt wird, konnte sich erst nach der Einführung des napoleonischen Rechtes „Code Civil“ etablieren. Davor galt jahrhundertelang das Halfensystem, bei dem neben einigen Großhöfen, die nur ungeteilt vererbt werden konnten und von denen keine einzelnen Äcker veräußert werden konnten, nur sehr wenige Kleinsthöfe existieren konnten, die nie eine Chance bekamen, ihre Ackerflächen zu vermehren. Mit der Verstaatlichung des Klosterbesitzes, der um Gubisrath herum in größerem Umfang vorhanden war, bot sich die Chance für tüchtige Ackersleute, eigene Felder zu erwerben und solide Höfe aufzubauen.
Kalender 2010 – April
Klassenfoto (von 1949)
Das Foto zeigt:
1. Reihe knieend von links:
Hubert Schiffer, Horst Kuhn, Peter Schmitz, Willi Marx, Josef Hinzen, Bernhard Ritterbach, Richard Pallemann, Heinz Hintzen, Wolfgang Möller
2. Reihe von links:
Hermann Josef Hansen, Hubert Alois Kluth, Hans Schiefer, Heinz Hubert Neukirchen, Heinz Krause, Helmut Lippke, Christian Bodewig, Gerhard Schulz
3. Reihe von links:
Gottfried Holzenleuchter, Franz Josef Kluth, unbekannt, Adam Nilgen, Peter Offer, Peter Lehnen, Hans Martin Domgans, Heinz Josef Schotten, Hans Schiffer, Willi Blank, Lehrer Ferfers
4. Reihe von links:
Gerti Wirtz, Christel Haas, Anni Nover, unbekannt, Regina Nussbaum, Roswitha Cornelisen, Hannefried Ferfers, Brunhilde Verführt, Lotti Wenig, Helga Hamacher
5. Reihe von links:
Maria Hintzen, Hildegart Schiefer, Maria van der Brück, Hannelore Schulz, Olita Hilgers, Maria Pallemann, Margarete Roesberg, Viktoria Rütten, Brunhilde Tilger
Oberste Reihe von links:
Adele Pesch, Inge Hüsgen, Maria Stammen, EvaMaria Peter
Kalender 2010 – Mai
Abnahme der Parade König Toni Schmitz 1950
Festakt zur Fahnenweihe der Reiterstandarte des Reitercorps St. ‚ Georg
Wahrscheinlich entstand das Bild kurz vor dem Schützenfest im April 1950 (23.4. ist Patronatstag des Hl. Georg) unter dem „alten König“ Toni Schmitz, also bevor der neue König Mitte Mai sein Regentschaftsjahr antreten konnte. Das Bild zeigt von rechts Johann Cöllen, Toni Schmitz, Gertrud Bürger (geb. Offer), Paula Hintzen (geb. Dünbier), Hubert Tilger, Simon Rütten, Heinrich Niessen, Pastor Scholl, Frl. Vieten, Philip Mattheisen auf dem Podium vor dem Anwesen des Landwirtes Peter Kluth (heute Kruppa) an der Ecke Hülchrather Straße / Viehstraße.
Kalender 2010 – Juni
Auslieferung von Kohlen oder Briketts am ehemaligen Wohnhaus von Althoff (Ca. 1960).
Rechts, damals noch unbebaut hinter der Mauer, das Gelände der „Trutzeburg“. Hier sollte offenbar bei der Stadtgründung um 1290 die Amtsresidenz des Vogtes errichtet werden, der volkstümlich Droste genannt wurde. Aus „Drosteburg“ wurde später der wehrhaft klingende Name Trutzeburg. Die Brikett-Lieferung des Kohlehändlers erreicht offensichtlich im Sommer ihr Ziel; die Haushalte bestellten meist rechtzeitig, um für den Winter Brennstoff zu haben.
Im Haus gegenüber an der Broichstr. 24 in Hülchrath wohnte vor gut hundert Jahren die weltbekannte Zirkusfamilie Althoff. Am 9.4.73 berichtete die NGZ, dass Dominik Althoff, damaliger Senior der Althoff-Familie, anläßlich seines neunzigsten Geburtstages seine Heimat und das Haus besuchte, das er mit seinen Eltern bis zu einem Alter von etwa zwanzig Jahren bewohnt hatte. So lernten auch die Söhne von Dominik Althoff, Franz und Adolf, den Herkunftsort ihres Vaters kennen. Der damalige Besuch wurde arrangiert von Josef Meuter.
Kalender 2010 – Juli
Schloss Dyck (um 1900)
Mit der Romantik wurden die Residenzen der Fürsten und Adeligen in neuem Licht betrachtet. Sie bildeten ein beliebtes Motiv für Ansichtspostkarten, wie in der hier abgebildeten Front des Schlosses zur Dyck. In den letzen 25 Jahren vor dem ersten Weltkrieg kamen derartige Karten, die meist als Lithographie mit Colorierung zu erhalten waren, von fast allen Orten unserer Heimat auf. Schloss Dyck ist der Wohnsitz eines Adelsgeschlechtes, das sich seine Unabhängigkeit bis zur Annektion durch Frankreich 1802 erhalten konnte. Im 18. Jahrhundert wurde aus der wehrhaften Anlage eine Residenz mit barocken Elementen, zu der der heute berühmte Park angelegt wurde, der als einer der ganz wenigen Anlagen dieser Art zu einer begehbaren Enzyklopädie für Bäume aus aller Welt wurde. Ähnliche Parkanlagen, jedoch bescheidener, entstanden in dieser Zeit um Schloss Hülchrath und das Haus Horr.
Offensichtlich war Schloss Dyck sowie das „Parkrestaurant Schloss Dycker Gasthof“ schon um 1905 (die Karte wurde am 21.5.1905 abgestempelt) ein bedeutsames Ausflugsziel für die Region um Köln, das sogar von ausländischen Gästen besucht wurde. Der Park war seit 1900 für die Öffentlichkeit zu regelmäßigen Zeiten zugänglich, nicht jedoch das Hochschloß, das noch Wohnzwecken der gräflichen Familie vorbehalten war. Sehr viel hat sich äußerlich baulich seitdem nicht verändert; auch damals gab es die Brücke schon nicht mehr, die für einige Zeit einen kurzen Weg von der Terrasse auf die Wiese ermöglichte.
Kalender 2010 – August
Tambourcorps bei Hecker
Der Gang ins Wirtshaus war in früherer Zeit so normal, wie heute das Anschalten des Fernsehgerätes. In den Sälen oder Sälchen der Wirte traf man sich als Verein oder Nachbarschaft, als Familie oder Interessengemeinschaft. Die Geselligkeit vollzog sich somit im halböffentlichen Raum, und jeder Anlass zu feiern war willkommen. Auf dem Bild haben die jungen Burschen des Tambourcorps bei Hecker in der Wirtsstube (Vorgänger von Stenbrock) einen solchen Anlass gefunden. Man beachte, dass keiner der Anwesenden in der Gaststube raucht!
Kalender 2010 – September
Wassermühle an der Erft in Neubrück (vor 1928)
Nachdem die Wassermühle in Erprath als Bannmühle den Mahlzwang über das „Gräfliche Land“ zwischen Erft und Nordkanal, das im 14. Jahrhundert unbestritten war, an Hombroich verloren hatte, weil das Haus Dyck als Pfandinhaber dieses Gebietes sich für eine näher gelegene Mühle eingesetzt hatte, errichteten die Dycker Herren im Jahre 1678 nahe der Neubrück auf einem zuvor gekauften Stück Wiese eine Bannmühle für das „Gräfliche Land“. Wegen des Wasserstaus durch das Mühlenwehr kam es sofort zu Prozessen mit dem Abt von Kornelimünster, dem der nahegelegene Gutshof Gilverath gehörte.
Bereits 1680 hatte die Mühle zwei Korngänge und einen Ölschlag. Allerdings gab es durch Hochwasser immer wieder Schäden, so besonders 1784. Zwei Jahre nach dem Einmarsch der Franzosen 1794 wurde ein neues Haus errichtet, für das der Müller Jakob Krosch 1100 Reichstaler aufwendete. Diese Baulichkeiten bestehen im Wesentlichen noch heute. 1875 ging die Mühle in Privatbesitz über, um aber bereits 1888 an die Firma Engelbert Stübben, Düsseldorf, zu gelangen. Diese veräußerte sie auf Heilig Abend 1902 an Kornelius Goergens und dessen Frau Maria Bruster, aus Kapellen gebürtig. Das hier vorgestellte Foto zeigt die Mühle um etwa 1925, die 1936 an den Sohn Michael überging, der bereits 1954 unerwartet starb. Durch die Einleitung von Grubenwasser in die Erft kam 1956 das technische Aus für die Mühle.
Kalender 2010 – Oktober
Vogelvoliere in der Vorburg von Schloss Hülchrath
Obwohl es sich um eine Postkarte handelt, ist die Abbildung auf der Vorderseite selten zu sehen. Die Aufnahme des Innenraums der Vorburg von Schloss Hülchrath ist gut 100 Jahre alt und rückt inmitten einer kunstvoll gestalten Gartenanlage eine Vogelvoliere in den Vordergrund. Der Schöpfer ist nicht mehr eindeutig zuzuordnen. In Betracht gezogen werden Leutnant Enno Rudolf von Benningsen, der Schloss Hülchrath 1908 erwarb und kurz darauf große Teile der ehemaligen Burgruine, nach romantisierenden Plänen des jungen (und später bekannt gewordenen) Schweizer Architekten Otto Zollinger, in sein Märchen-Schloss umgestalten ließ. Ebenfalls um Verschönerung von Garten und Park sehr bemüht waren die Damen Maria und Ludovica von Pröpper, die nach dem Tod des 1883 verstorbenen Voreigentümers, Hauptmann Edler von Pröpper, ihr Wohnrecht nutzten.
Kalender 2010 – November
Kloster Langwaden vor 1928
Um das Jahr 1142 stifteten die Herren von Wevelinghoven ihren Gutshof zur Gründung eines Nonnenklosters. Allerdings war die wirtschaftliche Basis etwas zu schmal. Ein Streit um gewisse Vorrechte an dem Klösterchen zwischen der Stifterfamilie und dem Mutterkloster führte gut 40 Jahre später zu einer bedeutenden Aufstockung des Stiftungskapitals. Zu den drei Hufen Ackerland in Langwaden wurden von den Herren von Wevelinghoven noch zwei weitere Hufen mit dem Gut Yffe geschenkt. Als Gegenleistung wurden die Stifterrechte durch den Erzbischof von Köln bestätigt. Dieses zusätzliche Land mit dem Gutshof lag zwischen Langwaden und dem Efferbusch, der noch den Namen des Gutes bewahrt und im Bereich Bahndamm/Sportplatz Neukirchen gelegen hatte. Die Nonnen konnten ihre Ländereien in der Gemeinde Neukirchen im Laufe der Zeit noch deutlich erweitern. Bei Hülchrath wurde Zug um Zug das Kotzenbroich (vom keltischen Ko’eds = Wald) erworben, das heute Langwadener Busch heißt. In Mühlrath konnte ebenso in vielen kleinen Schritten der Mühlrather Kamp erworben werden. Im 17. Jahrhundert kam schließlich noch der Nixhof in Gubisrath dazu.
Unter Napoleon wurde 1802 das Kloster verstaatlicht, um aus den Erlösen die französische Kriegskasse zu füllen. Kloster Langwaden kam dadurch schließlich an den Offizier „Maison“, der später zum „Marquis de la Maison“ geadelt wurde. Er ließ als erstes die Kirche abreißen, die auf dem Bild im Vordergrund das Viereck hätte schließen müssen. Weiter ließ er das Kloster zu einem Schloss umbauen, so dass man heute noch des Öfteren vom Schloss Langwaden spricht. Als etwa 20 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg Zisterzienser auf der Durchreise das inzwischen halb verfallene Gebäude sahen, pachteten sie es von den Eigentümern, den Grafen von Nesselrode auf 99 Jahre. Hier fanden die aus Ossek in den Sudeten vertriebenen Mönche ein neues Zuhause, bis sie schließlich nach dem Fall der Mauer wieder das alte Stammkloster übernehmen konnten. Während das Stammkloster von einem Abt geleitet wird, heißt der Vorsteher in Langwaden Prior („Erster“). Hinter dem Kloster befindet sich die Gräflich Nesselrod’sche Gutsverwaltung, die noch heute von Langwaden aus die Äcker zwischen dem Kloster und dem Bahndamm bewirtschaftet, wie seit über 800 Jahren.
Kalender 2010 – Dezember
Notkirche im Saal Wirtz im Herbst 1996
Den meisten katholischen Neukirchern ist dieser Anblick noch vertraut. Denn das Bild ist gerade einmal 10 Jahre alt. Im Jahre 1996 wurde die im Kern noch romanische Tuffsteinkirche grundlegend saniert. Für die Zeit der Bauarbeiten wurde der Ballsaal der Gaststätte Wirtz zu einer Notkirche umgewandelt. Die Bühne, die neben Theaterverein auch Schützenvorstände und Elferräte im Karneval sowie hervorragende Chorkonzerte des Quartettvereins gesehen hatte, eignete sich, wie man sieht, gut für den Altarraum, während der Tanzboden mit geeigneter Bestuhlung versehen für die Gemeinde ausreichen musste.
Eine alte Legende sagt, dass den Anstoß zum Bau des Saales ein misslungenes Schützenfest gegeben hatte. Es wird berichtet, der Sturm habe nämlich das Festzelt „entführt“. Um also das Fest sturmsicher feiern zu können, wurde ein großer, geräumiger Festsaal, eben der Saal Wirtz errichtet. Die beiden anderen Säle, die im Dorf waren, einmal bei Hecker (Vorläufer von Stenbrock) und einmal bei Zimmermann (Vorläufer von Haus Stammen), waren nicht geräumig genug, das Fest zu beherbergen.